Familienleben

Warum überhaupt ein Geburtsbericht? – Meine Antwort

Zu Beginn des ersten Beitrags dieser kleinen „Geburtsbericht-Reihe“ habe ich bereits die Frage gestellt und heute möchte ich ein bisschen genauer darauf eingehen, was ein Geburtsbericht meiner Meinung nach für positive und negative Konsequenzen haben kann.

Umgang mit Sterneneltern, Negativität und Undankbarkeit

Ich habe bereits zu Beginn des ersten Berichts ein paar Gründe aufgeschrieben, die für mich für oder gegen das Verfassen eines Geburtsberichts sprachen und ich bin der Meinung, dass es schon ohne genauere Begründung legitim ist, aufzuschreiben, was man mitteilen und verarbeiten möchte.

Für mich gab es aber einen ganz ganz großen Kontrapunkt, den ich noch nicht erwähnt habe: undankbare Mütter und Eltern generell, die ihre negativen Erfahrungen völlig in den Mittelpunkt stellen.

Wie oft habe ich, meist via Pinterest aufmerksam geworden, negative Geburtsberichte gelesen. Und ja, ich denke meinen könnte man zumindest auf den ersten Blick darunter fassen. (Hier könnt ihr bei Interesse nochmal Teil 1 und Teil 2 nachlesen.)
Aber was ist, wenn es dort aufhört? Wenn „natürlich bin ich dankbar für mein gesundes Kind“ nur eine Floskel ist und mit einem „aber“ wieder so ziemlich zunichte gemacht wird? Wenn etliche Berichte anfangen mit „meine Situation ist eine extreme Ausnahmesituation, ihr braucht keine Angst zu haben, weil es den meisten Frauen nicht so schlecht geht wie mir“ und man das Gefühl bekommt, dass es nur darum geht, sich gegenseitig mit dem größten Leid zu toppen?

Ich empfinde das als gelinde gesagt unüberlegt, undankbar und ärgerlich, habe mich aber bewusst dazu entschieden, hier keine solchen Berichte zu verlinken.

Ich möchte an dieser Stelle die Erfahrungen anderer Frauen auch überhaupt nicht kleinreden. Eine Sache, die mich immer so sehr gestört hat war genau das – die bereits erwähnte Aussage, ich habe mit „nur 6 Stunden“ ja totales Anfängerglück gehabt. Oder auch, wenn anerkannt wurde, dass die Geburt doch länger angedauert hat, dass eine lange Zeit Wehen auch vergleichsweise schmerzlose und „leichte“ Wehen bedeuten würden. Ich wollte nicht, dass mir Leute auf die Schulter klopften oder gar einen Wettbewerb aus „wer hatte die schlimmste Geburt“ machen. Um genau zu sein, habe ich auch das Lob der Hebamme, was ich Tolles geleistet hätte als seltsam empfunden, denn mir blieb ja nun mal nichts anderes übrig und meinem Gefühl nach hatte ich überhaupt nichts geleistet. Aber schön fand ich es trotzdem nicht, wenn meine tagelangen Schmerzen, Ängste und Unsicherheiten mit „Glück gehabt“ oder „leichte Geburt“ abgetan wurden und deshalb möchte ich klar betonen, dass das nicht meine Intention ist, wenn ich „negative Geburtsberichte“ als kritisch bezeichne.

Diese Berichte sind in der Regel nicht wenige Minuten nach der Geburt verfasst, in denen ich eine solche Betonung der negativen Erlebnisse durchaus verstehen würde. Sie sind Tage, Wochen, Monate oder vielleicht wie in meinem Fall auch Jahre später aufgeschrieben. Ein Zeitraum, in dem man sich Gedanken machen konnte, auch wie ein solcher Bericht auf andere wirkt. Und wenn ich nun an die vielen Frauen und auch Männer denke, die keine Kinder bekommen können, die in der Schwangerschaft, bei oder kurz nach der Geburt oder auch lange Zeit danach ein Kind verloren haben, die vielleicht ein krankes oder sehr schwaches Kind auf die Welt gebracht haben, bei dem die ersten Wochen und Monate von schlimmster Ungewissheit und Sorge geprägt waren, die eben nicht wie ich mit einem gesunden Kind beschenkt wurden, dann möchte ich einfach mein Mitgefühl ausdrücken.

Dann möchte ich sagen: Ja meine Geburtserfahrungen waren nicht schön, aber das Resultat ist das wundervollste Geschenk überhaupt und entschädigt mich für alles Erlebte und noch weit darüber hinaus. Die Geburt war an sich weder traumatisch noch ein totaler Sonderfall. Es bestand weder für mich noch für meine Tochter zu irgendeinem Zeitpunkt Lebensgefahr. Ich konnte wie gewünscht in der ausgesuchten Umgebung, mit meinem Mann an meiner Seite und ohne medizinische Eingriffe spontan entbinden und dafür bin ich sehr dankbar. Ich habe Zeit gebraucht, um die Geburt zu verarbeiten und auch um zu sehen, wo ich mir mit meinen Gefühlen und meinem Verhalten selbst Steine in den Weg gelegt habe, wie ich selbst etwas beim nächsten Mal besser machen könnte und versucht, nicht nur die „Fehler“ der anderen zu sehen.

Und ich wünschte mir, dass ein paar Frauen mehr Dankbarkeit für ihre wundervollen Kinder verspüren würden und sich vielleicht mal bewusst machen, für wie viele Eltern es eben keine Selbstverständlichkeit ist und wie zusätzlich schmerzhaft ein rein negativer Bericht – trotz gesunden Kindes! – wohl für so jemanden zu lesen ist. Auch in dieser Hinsicht kann man denke ich ein wenig Rücksicht, ein wenig Mitgefühl für Sterneneltern zeigen, die das Undenkbare erleben mussten.

Mein „Apell“

Wenn ich an negativen Berichten so Anstoß nehme, warum habe ich meinen dann aufgeschrieben? Eine legitime Frage, auch wenn ich natürlich hoffe, dass ich bis jetzt auch das Positive und meine Dankbarkeit halbwegs deutlich zum Ausdruck bringen konnte.

Für mich gibt es neben meinem rein subjektiven Bedürfnis noch einen anderen Punkt und zwar, ein wenig Mut zu machen. Denn viele meiner negativen Erfahrungen beruhen v.a. darauf, dass die Kommunikation nicht klar genug war.

Meine Hebamme meinte im Nachhinein, dass es sehr selten sei, dass so intensive und wirklich geburtswirksame Wehen mit großen Pausen auftreten, aber lange nicht unmöglich. Der Grund, warum es wohl selten in Büchern oder Kursen thematisiert wird, ist einfach, um nicht zu verunsichern. Und das verstehe ich. Aber für mich persönlich hatte es genau den gegenteiligen Effekt – ich war massiv verunsichert. Und das hätte ich sagen sollen. Ich denke die Hebammen hätten bei den 2 Anrufen von meinem Mann und mir in den Tagen vor der Geburt hellhöriger sein sollen. Dann hätten sie gemerkt, dass ich sehr unter der Ungewissheit leide und dass es eben nicht nur Krämpfe waren. Aber ich hätte auch vehementer nachfragen, einen Termin verlangen können. Und das gleiche gilt für die Behandlung im Krankenhaus – wenn ihr unsicher seid, euch unverstanden oder allein gelassen fühlt, dann sagt es! Einfacher gesagt als getan, aber in der Situation ist es völlig unwichtig, ob ihr jemandem auf den Keks geht oder auch zig „Fehlalarme“ auslöst. Körperlich anstrengend ist jede Geburt, wenn auch natürlich in unterschiedlichem Ausmaß. Bei mir wäre die psychische Belastung aber zum Großteil zu vermeiden gewesen.

Auch unter Geburt hätte ich fragen können, in welcher Phase wir sind, warum sich die Wehen auf einmal so anders anfühlen. Beim nächsten Mal weiß ich Bescheid, aber möglicherweise gibt es noch mehr Erstgebärende, die eine klare Ansage brauchen, wenn die Presswehen beginnen, weil sie selbst zu große Angst haben, die Situation falsch einzuschätzen oder einfach so kraftlos sind, dass kein klarer Gedanke mehr gefasst werden kann. 😉

Insgesamt bin ich im Übrigen sehr zufrieden mit der Betreuung des Geburtshauses, bzw. mit der Betreuung dieser speziellen Hebamme, die gerade Bereitschaft hatte. Sowohl unter Geburt als auch im Wochenbett war sie eine tolle Stütze und Ansprechpartnerin und ich hatte zu keinem Zeitpunkt – nachdem wir angekommen waren – mehr das Gefühl, allein gelassen zu werden oder dass sie nicht alles unter Kontrolle hatte. Und das hat mir egal wie viele Zweifel bezüglich Geburtsphase oder Dauer der Geburt da waren einfach Sicherheit gegeben. Zudem lese ich immer wieder über eine „selbstbestimmte Geburt“. Ich muss ehrlich gestehen, dass ich mich nicht groß mit dem Thema beschäftigt habe, aber ich war rein von meinen körperlichen Kräften her überhaupt nicht mehr in der Lage, eine Entscheidung zu treffen, irgendetwas selbst zu bestimmen. Und so bin ich dankbar, dass meine Hebamme das übernommen hat. Zudem wurde mein Wunsch einer vollkommen medikamentfreien Geburt erfüllt. Wäre ich im Krankenhaus gewesen und hätte mir ein Arzt eine PDA empfohlen – und laut Hebammen wären mir höchstwahrscheinlich sowohl eine Einleitung als auch eine PDA angeraten worden – ich hätte zu 99% zugestimmt. Eben weil ich nichts mehr entscheiden konnte. So gab es die Option nicht und ich habe zwar natürlich die Schmerzen an sich verflucht, aber nicht mal nach einer Tablette gefragt oder daran gedacht. Weil mir von Anfang an klar war, dass es ohne geht und ich es ohne schaffen möchte. (Das ist übrigens einfach mein ganz persönlicher Wunsch und keine Kritik an Frauen, die eine PDA oder sonstige Schmerzlinderung wünschen.)

Und was die Strapazen der Geburt angeht, so habe ich tatsächlich Freundinnen und Bekannte, die die Geburt ihrer Kinder als schön beschreiben, als „nicht so schlimm wie erwartet“, die meinen, ihnen seien die Schmerzen bereits am nächsten Tag nicht mehr präsent gewesen. Und das ist wundervoll so. Aber es ist auch okay, wenn man wie ich noch lange lange Zeit den Nachhall der Schmerzen spürt, sei es körperlich und/oder emotional. Und es ist auch okay, wenn man durch dieses Erlebnis einen weiteren Kinderwunsch erstmal oder auch komplett infrage stellt bzw. ad acta legt.

Ich würde meine Erfahrung kurz gefasst so beschreiben:

Die Geburt war schlimmer als alles, was ich mir vorher ausgemalt hatte. Aber die Liebe, was es heißt, Mutter zu sein und für ein kleines Menschlein zu sorgen, hat jede Erwartung übertroffen, die ich jemals hätte haben können.

Und so bin ich völlig dankbar für meine Zaubermaus und hoffe einfach nur, dass ich aus meinen Erfahrungen lernen konnte und in Zukunft weniger Angst davor habe, mich zu blamieren, zu nerven und einfach mehr und klarer mein Empfinden und auch meine Fragen kommuniziere.

Und ganz eventuell ja auch hier jemanden erreichen konnte, der sich egal ob als Schwangere, Partner oder Hebamme einen offenen Austausch in der Ausnahmesituation einer Geburt noch ein bisschen mehr zu Herzen nimmt.

***

Lasst mir gerne euer Feedback da! Ich bin nach wie vor an anderen Erfahrungen als auch Meinungen zu Geburten und Geburtsberichten an sich interessiert. 🙂

Iris Maya

 

Edit: Im Übrigen hatte ich bereits knapp 2 Wochen nach der Geburt „damals“ etwas über unser neues Babyglück verfasst, was denke ich meinen Fokus auf das Wesentliche, auf das Glück, die Dankbarkeit für ein solches Geschenk ganz gut verdeutlichen sollte. Möglicherweise ein wenig gefühlsduseliger als die Beiträge hier. 😉

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