Familienleben

Mein verspäteter Geburtsbericht – Im Geburtshaus

Nachdem ich euch Ende Januar berichtet habe, wie sich die Tage vor der Geburt nur so dahin zogen, geht es heute um die Zeit im Geburtshaus, bis wir unser Mädchen dann endlich willkommen heißen konnten.

Die Geburt selbst – „nur 6 Stunden“

Im Geburtshaus angekommen untersuchte mich die Hebamme. Muttermund 4cm offen. Ob ich wirklich schon unter Geburt sei, könne sie aber erst in zwei Stunden beurteilen. Für mich ein ganz schönes Bangen, denn abgesehen von den 4 Tagen, die ich mit immer wiederkehrenden und stundenlang anhaltenden Wehen verbracht hatte, hatte ich ja bevor wir losgefahren waren schon zuhause über 12 Stunden heftige Wehen gehabt und wollte um keinen Preis wieder nach Hause geschickt werden.
Die Wehen setzten nach einer kurzen Pause wieder ein, aber mir ging es emotional doch direkt etwas besser, denn auch wenn ich nicht wusste, ob ich vielleicht wieder nach Hause geschickt würde, war klar, dass die Strapazen der letzten Tage nicht ganz umsonst waren. Während ich in den Tagen zuvor nur telefonisch Kontakt zu den Hebammen gehabt und mich allein gelassen gefühlt hatte, merkte ich zudem jetzt, dass da doch Verständnis und Mitgefühl war. Ich fühlte mich direkt viel besser aufgehoben und auch wenn mein Mann ohnehin so ziemlich der gelassenste Mensch ist, den ich kenne, hatte ich auch das Gefühl, dass er sich nach dem Ortswechsel und mit kompetenter Unterstützung der Hebamme sicherer fühlte.

Zwei Stunden später – die Wehen waren schmerzhaft, aber nicht schlimmer als die der vorangegangenen Tage! – war der Muttermund 6cm offen und die Hebamme entschied nun, dass wir da bleiben sollten. Das Bett wurde bezogen und mein Mann ging ohne Witz nochmal zum Supermarkt, um sich etwas zu essen zu holen. Ich sage ja, völlig entspannt. 😉

Als er zurückkam waren die Wehen deutlich intensiver und ich fragte mich langsam, wie lange das Ganze eigentlich dauern sollte.

Irgendwann, ich weiß wirklich nicht zu welchem Zeitpunkt, weil ich bis auf einmal kurz bevor meine Tochter dann da war, nicht auf die Uhr gesehen hatte, setzten die Presswehen ein. Das ist mir aber wirklich erst Tage später klar geworden.

Ohne ins Detail gehen zu wollen, wie sich die Wehen ab dem Zeitpunkt anfühlten, kann ich sagen, dass ich wirklich Angst bekam. Denn ich dachte, es handelt sich hier immer noch um die „Vorbereitung“. Niemand sagte die magischen Worte „jetzt pressen“ oder zumindest hörte ich sie nicht, sondern immer wieder bat mich die Hebamme, zu entspannen, da ich bei jeder Wehe Beine und Po völlig ohne es zu wollen fest anspannte. Tagelanger und wirklich massiver Muskelkater war der Dank dafür. 😉

Bis heute würde ich im Brustton der Überzeugung sagen, dass ich kein Mal mit gepresst habe, wenn ich nicht wüsste, dass das nicht sein kann. Meine einzige Intention war es, den Schmerz klein zu halten. Ich hätte nicht im Traum daran gedacht, bewusst mitzupressen. Nicht nur, weil ich nicht wusste, dass es sich hier um Presswehen handelte, sondern auch, weil ich dachte, dass das den Schmerz verstärken würde.

Als meine Hebamme irgendwann fragte, ob ich mir den Geburtshocker „als Geburtsposition später“ vorstellen könnte, habe ich innerlich eine absolute Krise bekommen. Später. SPÄTER?? Ungefähr zu diesem Zeitpunkt guckte ich auf die Uhr und bis meine Tochter zur Welt kommen sollte, vergingen keine 20 Minuten mehr, wenn ich es nicht völlig falsch im Kopf habe. Aber ich verstand in dem Moment unter später so etwas wie in 5 Stunden. Und die hätte ich beim besten Willen nicht mehr ausgehalten.
Was ich antwortete war aber etwas wie „keine Ahnung“, denn ich war ohnehin nicht (mehr) in der Lage, Entscheidungen zu treffen.

Und dann ging doch alles ziemlich schnell. Selbst dass der Kopf da war, bekam ich nicht mit. Ich war immer noch in der Vorstellung gefangen, noch Stunden ausharren zu müssen. Als meine Tochter dann mit einem wirklich markerschütternden Schrei da war (die Hebamme meinte am nächsten Tag, sie sei selbst erschrocken, sie habe erst wenige Babies direkt so laut schreien hören) war ich völlig … überfordert. Mir fehlt das richtige Wort, aber irgendwie war ich noch überhaupt nicht darauf eingestellt, ich war gedanklich noch in der Eröffnungsphase und dachte, die Austreibung hätte noch gar nicht begonnen.

Insgesamt verbrachten wir ca. 9 – 10 Stunden im Geburtshaus. 6 vor und etwa 3,5 nachdem meine Tochter zur Welt gekommen war. Immer wieder wurde ich gefragt, wie lange die Geburt gedauert hat. Mein Mann antwortete anfangs „6 Stunden ab da, wo wir im Geburtshaus waren“ und mir wurde dann von verschiedenen Leuten attestiert, wie viel Glück ich hatte, mit einer 6-Stunden-Geburt.

Anfangs hat mich das nicht groß gestört, höchstens irritiert, aber schnell fing ich an mich darüber zu wundern, wie andere ihre „Geburtsstunden“ so genau angeben können. Zählten die +12 Stunden, die ich bereits Wehen hatte, bevor wir anriefen nicht? Die etlichen Male mit Wehen die Tage zuvor? Selbst wenn ich nur die Episoden zähle, in denen ich mehr als 4 Stunden am Stück Wehen hatte, komme ich locker auf 30-36 Stunden. Ich würde das nie so angeben, weil ich bis heute nicht weiß, „was zählt“, aber diese Frage hat mich doch immer wieder beschäftigt. Nicht, weil ich unbedingt eine möglichst große Zahl nennen möchte, sondern mehr, weil ich mich wundere, ob es bei anderen Frauen so viel eindeutiger war, was Geburtswehen denn nun sind, wann die Geburt wirklich anfing…

Der glücklichste Moment meines Lebens?

Falls sich jemand wundert, warum ich das eigentlich Besondere, das neue Leben, meinen größten Schatz auf Erden hier so übergangen habe, hier der Versuch einer Erklärung.

Schon oft habe ich gehört und gelesen, dass Menschen die Geburt ihrer Kinder als glücklichsten Moment ihres Lebens beschreiben. Das ist für mich ähnlich befremdlich, wie die Hochzeit als schönsten Tag des Lebens zu bezeichnen, denn auch wenn eine Hochzeit natürlich schön sein kann und auch sein sollte, geht es doch eigentlich um das, was danach kommt.

Und für mich muss ich sagen, dass die Geburt meiner Tochter kein glücklicher Moment war. Ich war einfach nur froh, es hinter mir zu haben. Und ja, natürlich auch, dass meine Tochter gesund war. Aber ich war dermaßen weggetreten (zusätzlich zu dem ohnehin bestehenden Eisenmangel, den durchwachten Nächten dank immer wiederkehrender Wehen und meinem generellen Erschöpfungszustand hatte ich bei der Geburt laut der Hebamme überdurchschnittlich viel Blut verloren und beide Hebammen – später kam „Verstärkung“ dazu – mussten sich komplett umziehen) und auch wirklich emotional noch ganz woanders, dass ich nicht einmal nach dem Geschlecht meines Kindes fragte. Bei der etwas kritischen und verzögerten Plazentageburt war ich mehrfach kurz davor, das Bewusstsein zu verlieren.

Ich war fasziniert von dem kleinen warmen Wesen in meinen Armen. Voller Sorge, dass wir alles richtig machen. Aber die ganz große Liebe, die kam erst einige Tage später und ehrlich gesagt wächst sie seitdem täglich. Genauso wie ich es manchmal noch völlig unglaublich finde und kaum realisieren kann, dass mir so ein wundervoller Mensch geschenkt wurde.

Wer könnte bei diesem Wicht denn nicht einfach nur dankbar und glücklich sein..? 😉

Nein, die Geburt war kein glücklicher Moment für mich. Die Geburt war für mich furchtbar anstrengend, schmerzhaft, erschütternd, beängstigend und im Endeffekt eine große Erleichterung.
Aber die Geburt hat mich zu einem weitaus glücklicheren Menschen gemacht. Und das ist doch eigentlich was zählt, oder? Nicht, ob ich sofort ein Meer von Glückstränen vergossen habe. Eine der vielen falschen Vorstellungen, die ich möglicherweise aus Filmen verinnerlicht hatte.

Auch wenn der eigentliche Geburtsbericht hiermit abgeschlossen ist, werde ich euch im März noch einen kleinen „Nachtrag“ liefern. Bis dahin bin ich sehr gespannt auf euer Feedback und ob ihr es auch so schwer hättet, die Geburt in Stunden wiederzugeben.

Iris Maya

6 Kommentare

  1. Ach ja, das geht mir auch so mit den Stunden… wie soll man das denn genau angeben. Ich hatte einmal 10 wirklich harte Stunden und einmal nur eine Stunde, die ich als wirkliche Geburt „rechne“, obwohl ich auch davor schon ein paar Stunden Wehen hatte, halt so Kindergartenwehen 🙂 Und ich bin immer noch sehr fasziniert, dass jede Geburt so unterschiedlich und auch einzigartig ist. Ich hab lange nicht verstanden, was denn eine „schöne Geburt“ bitte sein soll… Geburt ist hart, anstrengend, bringt an die Grenzen, schmerzhaft. Ich hab ehrlich gesagt nichts Heftigeres in meinem Leben erlebt. Und auf einmal hörte ich mich nach meiner letzten (fünften) Geburt sagen: „Das war eine schöne Geburt.“ Oh! Ich habe viel darüber nachgedacht, was die Bibel über Geburt sagt… „Unter Schmerzen sollst du gebären…“ Irgendwo las ich, dass man das verschieden übersetzen kann und das es treffender mit „große Anstrengung“ oder „harte Arbeit“ zu übersetzen wäre. Ob das stimmt, weiß ich nicht, aber es gefällt mir. Obwohl das mit den Schmerzen stimmt… Ja, es war harte Arbeit, aber aus irgendeinem Grund hat Gott das so für uns vorgesehen 🙂 Liebste Grüße, Martha

    1. Danke für dein Feedback! Also 18 Stunden würde ich definitiv angeben, eher mehr. Aber es scheint ja wirklich sehr unterschiedlich zu sein. Mir wurde jetzt noch von einer Freundin erzählt, deren 2. Kind 3 Stunden nach der ersten Wehe da war. Aber das ist wohl die absolute Ausnahmen und meine FÄ meinte auch, dass es bei manchen wohl ganz klar ist „jetzt gehts los und ab jetzt zählts“ und bei anderen eben nicht.
      Aber dein Kommentar zur schönen Geburt gefällt mir sehr! Ich kann mit dem Begriff zur Zeit nämlich auch gar nichts anfangen. 😀
      Ehrlich gesagt hatte ich am meisten Angst davor, zu fluchen und meinen Mann zu beschimpfen (wieder so eine Hollywood Assoziation), dabei ist mir das überhaupt nicht in den Sinn gekommen in der Situation selbst.
      Ich war auch nie sauer auf Gott oder so, dass meine SS und Geburt viel beschwerlicher war, als die der paar Freundinnen mit Kindern, aber so ab und zu schleicht sich dann doch der Gedanke „unfair“ ein, da versuch ich aber aktiv dranzugehen. 🙂
      Liebe Grüße!

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